Alkohol in Kosmetik: Ein schlechter Inhaltsstoff?
Was haben Retinol, Vitamin E und Glycerin gemeinsam? Erstens: Bei allen drei Stoffen handelt es sich chemisch gesehen um Alkohole. Und zweitens: Wenn diese drei auf der INCI-Liste stehen, denken wir eher an Skincare-Superhelden, als an hautreizende Bösewichte. Ist Alkohol in Kosmetik also gar nicht so schlecht, wie sein Ruf? Und was meinen wir dann eigentlich damit, wenn wir sagen, dass unsere Kosmetika ohne Alkohol sind? Offensichtlich besteht dringender Klärungsbedarf. In diesem Artikel liest du, was es mit Alkohol in der Hautpflege wirklich auf sich hat.
Fotos von Ron Lach
Alkohol in Kosmetik: Was ist damit gemeint?
Alkohol in Kosmetik kann viele Gesichter haben. Und wenn dir zum Zusammenhang zwischen Alkohol und Haut nur Desinfektionsmittel einfällt, kennst du bereits eines davon: Bestimmte Alkohole wirken keimtötend und konservierend – was sie zu einem beliebten Inhaltsstoff für manche Kosmetikhersteller macht. Doch der Reihe nach.
- In der Chemie werden mit dem Begriff „Alkohole“ Moleküle bezeichnet, die mindestens eine Hydroxygruppe besitzen.
- Eine Hydroxygruppe ist eine Verbindung aus einem Wasserstoff- und einem Sauerstoffatom.
Alkohole sind also eine ganze Gruppe von Stoffen, mit einer Gemeinsamkeit: In ihrer chemischen Struktur befindet sich eine Hydroxygruppe.
In Form von Glycerin und Vitamin E tun sie unserer Haut richtig gut. Andere Alkohole wie Ethyl Alkohol bzw. Ethanol können dagegen austrocknend und irritierend wirken – bei FIVE kommen solche Unheilstifter übrigens nicht in den Tiegel.
Wie Alkohole in Hautpflegeprodukten funktionieren und was sie auf deiner Haut bewirken, hängt dabei von ihrem Molekulargewicht, d.h. ihrer Struktur, ab. Und die ist ziemlich unterschiedlich. Das klingt kompliziert, ist aber eigentlich ganz simpel. Wir zeigen dir, woran du gute und schlechte Alkohole in Kosmetikprodukten erkennen kannst.
Welcher Alkohol in Kosmetik ist „schlecht“?
Beginnen wir mit den Bösewichten. Alkohole mit einem niedrigen Molekulargewicht erfüllen in Produktformulierungen meistens zwei Funktionen: Als Konservierungsmittel sorgen sie für Haltbarkeit und als Lösungsmittel verbinden sie die Inhaltsstoffe zu angenehm leichten Texturen.
Für unsere Haut sind solche Alkohole in hohen Dosen allerdings eher ein Alptraum: Sie wirken austrocknend, können die Hautbarriere schädigen1 und begünstigen das Entstehen freier Radikale. Aber bekanntlich macht die Dosis das Gift und ob ein Inhaltsstoff in einem Produkt eine negative Wirkung auf die Haut haben kann, hängt mit der Einsatzkonzentration zusammen. Dabei werden die Inhaltsstoffe auf der INCI in ihrer Konzentration absteigend aufgeführt. Schlecht ist es also, wenn einer der folgenden Alkohole in den vorderen Rängen der INCI auftaucht.
Diese schlechten Alkohole findest du auf der INCI-Liste unter den Bezeichnungen: Alcohol, Alcohol denat., SD Alcohol …, Propyl Alcohol und Isopropyl Alcohol.
☝️Sie sind gemeint, wenn wir davon sprechen, dass die FIVE Kosmetik ohne Alkohol ist.
Das macht „schlechter“ Alkohol mit deiner Haut!
Schlechte Alkohole wie Ethanol bringen unsere Hautbarriere aus der Balance, da sie fettlösend wirken. Was erst einmal wie ein Vorteil klingt (träumen wir nicht alle von einem mattierten Teint?), ist fatal für die schützenden Barrierelipide unserer obersten Hautschicht. Denn auch die lösen solche Alkohole einfach heraus2.
Das Ergebnis – ohne die Barrierelipide wird unser Schutzwall durchlässiger. Darauf beruht letztendlich folgende Wirkung von Alkohol in Kosmetik: Er erhöht die Aufnahmefähigkeit der Haut und sorgt dafür, dass Wirkstoffe schneller tiefere Hautschichten erreichen3.
Für diese Eigenschaften von Alkohol als Inhaltsstoff in der Hautpflege zahlen wir allerdings einen hohen Preis. Die Hautbarriere funktioniert nicht mehr, wie sie soll, Irritationen und Reizungen werden begünstigt und die Haut trocknet langfristig aus, da sich der Wasserverlust über die Hautoberfläche erhöht2.
Kann es eigentlich noch schlimmer kommen? Leider ja. In einer Studie, in der Alkohol im Labor auf Hautzellen aufgetragen wurde4, konnte ein erhöhtes Zellsterben nachgewiesen werden. Außerdem lässt Alkohol uns ziemlich alt aussehen (und zwar im wahrsten Sinne des Wortes!) – zum allgemeinen Zusammenhang zwischen oxidativem Stress, Alkohol und der zellschädigenden Wirkung von freien Radikalen gibt es zahlreiche Studien5.
☝️ Es ist wichtig zu beachten, dass die negativen Effekte dieser Alkohole vor allem bei hoher Konzentration und regelmäßiger Anwendung über einen längeren Zeitraum auftreten. Bei gelegentlicher Anwendung sind die Auswirkungen meist weniger problematisch. Alkohol hat auch positive Seiten und ist als Desinfektionsmittel unverzichtbar.
Warum wird Alkohol in Kosmetik dann überhaupt verwendet?
Eine gute Frage, denn: Für uns ist kein einziges Argument schlagkräftig genug, um einen Einsatz von „schlechtem“ Alkohol in Kosmetik überzeugend zu begründen. Aber wieso verwenden manche Kosmetikhersteller solche Alkohole dann in ihren Formulierungen?
- Sie konservieren und wirken antibakteriell. Wird er in einer ausreichenden Konzentration eingesetzt, verhindert Alkohol wirksam das Keimwachstum in Kosmetika und macht diese länger haltbar. Wir finden: Warum Alkohol verwenden, wenn es auch ohne geht? Deshalb setzen wir auf Detox-Hautpflege – wir nutzen natürliche Fermente und konservierende Öle als Haltbarmacher in unseren Produkten. Mehr dazu liest du in diesem Artikel: Natürliche Konservierungsstoffe: Es geht auch ohne Alkohol.
- Sie verleihen Produkten eine luftig-leichte Textur. Weil Alkohole für eine gute Verteilung der Wirkstoffe in der jeweiligen Formulierung sorgen, fühlen sich Kosmetika mit Alkohol oft besonders leicht und schwerelos auf der Haut an. Kurzfristig freuen wir uns über das wohltuende, mattierende Finish. Doch der Schein trügt: Auf die Dauer nimmt unsere Hautbarriere Schaden und unsere Haut trocknet aus.
- Sie fördern die Penetration von Hautpflege-Wirkstoffen in tiefe Hautschichten. Das hatten wir weiter oben schon kurz: Die fettlösenden Eigenschaften von Alkohol zersetzen die wichtigen Barrierelipide und machen die Hautbarriere auf diese Weise durchlässiger. So gelangen Wirkstoffe zwar besser in die Haut – auf die Dauer gerät jedoch unsere Barrierefunktion aus dem Gleichgewicht.
- Sie machen bestimmte pflanzliche Wirkstoffe verfügbar. Alkohole wie Ethanol können nicht-wasserlösliche Wirkstoffe aus Pflanzen lösen. Einige Naturkosmetik-Hersteller verwenden Alkohol in Kosmetik aus genau diesem Grund: Sie machen sich diese Eigenschaft zunutze, um solche Wirkstoffe in ihren Produktformulierungen verwenden zu können.
Was ist Alkohol denat.?
Diese Abkürzung steht für „Alkohol denaturiert“. Er gehört zu den zu vermeidenden Alkoholen des vorigen Abschnitts und wird wie diese als Konservierungs- und Lösungsmittel eingesetzt – mit den bekannten Nebeneffekten. Doch es gibt eine Besonderheit: Anders als reiner Trinkalkohol wird denaturierter Alkohol nicht besteuert, erlaubt also eine kostengünstige Herstellung.
Und das geht so: Durch den Prozess der Denaturierung oder Vergällung wird reines Ethanol so verändert, dass es als Alkohol denat. anschließend nicht mehr trinkbar ist. Auf diese Weise muss dann auch keine Alkoholsteuer mehr entrichtet werden. Toll für den Hersteller, weniger toll für unsere Haut – die eingesetzten Vergällungsmittel können zu allergischen Reaktionen führen.
Gibt es auch guten Alkohol in Kosmetik?
Yes – das Gute siegt schließlich immer. Und unter diesen guten Alkoholen verstecken sich sogar ein paar alte Bekannte, die wir für ihre phänomenale Pflegewirkung lieben.
- Zellregenerierendes Retinol und antioxidativ wirkendes Vitamin E gehören aus chemischer Sicht zu den einwertigen Alkoholen, weil sie in ihrem Molekülaufbau über eine Hydroxygruppe verfügen. Das hättest du nicht gedacht? Dabei gehen die beiden Hautschmeichler eigentlich ganz offen mit ihrer Herkunft um: Die Endung -ol bei Retinol und Tocopherol (das ist der wissenschaftliche Name von Vitamin E) weist auf ihre Zugehörigkeit zur Gruppe der Alkohole hin.
- Feuchtigkeitsspendendes Glycerin ist ein Zuckeralkohol (wie übrigens auch Birkenzucker alias Xylit). Auf der INCI-Liste findest du es deshalb manchmal ebenfalls unter der Bezeichnung Glycerol. Glycerin ist ein wichtiger Bestandteil der hauteigenen natürlichen Feuchthaltefaktoren (NMFs) und hilft der Haut, Feuchtigkeit besser zu speichern. Weil Glycerin außerdem den Wasserverlust über die Hautoberfläche in Schach hält, ist es ein fantastischer Inhaltsstoff für einen prallen, von innen aufgepolsterten Teint.
- Auch wundheilungsförderndes Panthenol bzw. D-Panthenol ist chemisch gesehen ein Alkohol. Du findest den beliebten Inhaltsstoff in Babycremes und Salben, die die Wundheilung unterstützen sollen. Neben seiner regenerierenden Wirkung ist es vor allem als sanfter Feuchtigkeitsspender bekannt.
- Fettalkohole wie Cetylalkohol, Stearylalkohol und Cetearylalkohol zeichnen sich durch ein hohes Molekulargewicht aus. Sie verleihen Cremes eine reichhaltige, glatte und luxuriöse Konsistenz. Indem sie verhindern, dass die Fett- und Wasserphase von Kosmetika sich trennen, sorgen sie für eine homogene, geschmeidige Textur im fertigen Produkt. Allerdings gibt es einen Nachteil: In Verbindung mit bestimmten Emulgatoren kann ihre Verwendung bei feuchtigkeitsarmer Haut zu Trockenheit führen.
Fazit: Bei Alkohol in Kosmetik kommt es auf den richtigen Skincare-Cocktail an!
Es stimmt also wirklich – Alkohol in der Hautpflege ist besser, als sein Ruf. Jedenfalls dann, wenn wir uns auf die riesige Stoffgruppe der Alkohole beziehen. Denn zu Alkohol in Kosmetik gehören auch solche Beauty-Sternchen wie Glycerin, Vitamin E und Panthenol – auf deren phänomenale Pflegewirkungen wir schließlich nicht verzichten wollen!
Was schlechte Alkohole wie Alkohol denat., Ethanol & Co. angeht, üben wir uns bei FIVE Skincare allerdings in Abstinenz. Mit unserer Philosophie stehen wir schließlich für Minimalismus und pures Skin-Detox: Wir verwenden in keinem unserer Produkte Alkohol und setzen stattdessen auf effektive natürliche Alternativen wie konservierende Öle und natürliche, vegane Fermente.
Hast du Lust, dich mit sanfter Feel-Good-Skincare zu verwöhnen? Entdecke unsere vegane Hautpflege mit maximal 5 kostbaren Inhaltsstoffen jetzt im FIVE Shop!
Alles Liebe,
Anna
Quellen
- Saraogi P, Kaushik V, Chogale R, Chavan S, Gode V, Mhaskar S. Virgin coconut oil as prophylactic therapy against alcohol damage on skin in COVID times. J Cosmet Dermatol. 2021 Aug;20(8):2396-2408. doi: 10.1111/jocd.14258. Epub 2021 Jun 18. PMID: 34121304; PMCID: PMC8447131.
- Lachenmeier DW. Safety evaluation of topical applications of ethanol on the skin and inside the oral cavity. J Occup Med Toxicol. 2008 Nov 13;3:26. doi: 10.1186/1745-6673-3-26. PMID: 19014531; PMCID: PMC2596158.
- D. Bommannan, Russell O. Potts, Richard H. Guy, Examination of the effect of ethanol on human stratum corneum in vivo using infrared spectroscopy, Journal of Controlled Release, Volume 16, Issue 3, 1991, Pages 299-304
- Manuela G Neuman, Julia A Haber, Izabella M Malkiewicz, Ross G Cameron, Gady G Katz, Neil H Shear, Ethanol signals for apoptosis in cultured skin cells, Alcohol, Volume 26, Issue 3, 2002, Pages 179-190
- Wu D, Cederbaum AI. Alcohol, oxidative stress, and free radical damage. Alcohol Res Health. 2003;27(4):277-84. PMID: 15540798; PMCID: PMC666886